>>
Lymphdrainage – Der passende Griff ist entscheidend

Lymphdrainage – Der passende Griff ist entscheidend

Die Lymphdrainage – sie mutet fast wie Handauflegen an, genießt daher keinen ganz unumstrittenen Ruf, hilft aber vielen Patienten bei physischen Problemen zweifelsohne weiter. Hier geht es vor allem um Ödeme, die nach Operationen oder durch Traumata entstanden sind, aber auch Lymphknotenentfernung und Tumorbehandlung sind Behandlungsbereiche der manuellen Lymphdrainage. Durch die sanfte Behandlung des Physiotherapeuten lässt sich Flüssigkeit aus dem Gewebe lösen. Ist das wirklich so? Wissenschaftler sind sich uneinig, aber die manuelle Lymphdrainage wird von vielen Physiotherapeuten als probates Mittel zur Entfernung von überschüssiger Flüssigkeit aus dem Gewebe angewandt. Unser 11880.com-Physio-Ratgeber sagt, wie die Lymphdrainage funktioniert und wem sie helfen kann.

Was ist eine Lymphdrainage?

Lymphdrainage
© KatarzynaBialasiewicz - istockphotos.com

Die manuelle Lymphdrainage, kurz MLD, ist eine Methode zur Entstauung, vor allem in den Extremitäten und häufig nach Operationen oder Traumata. Insbesondere bei Ödemen kann sich die entspannende und sanfte Therapie positiv und anregend auf die Lymphen im Körper auswirken. Durch gezielte Berührungen bewirkt die manuelle Lymphdrainage, dass die verminderte Pumpfunktion des Gefäßsystems wieder behoben wird. Mit diesen Worten kann man auch den Effekt „Schwellung rückgängig machen“ umschreiben. Zur Schwellungslinderung setzt der Physiotherapeut gezielte und fachmännische Handgriffe ein, die die Lymphflüssigkeit in die gewünschte Richtung (in Richtung der Lymphknoten) abfließen lassen. Gelingt der Abtransport, kann die Schwellung abklingen, das Gewebe lockert sich und die Beweglichkeit wird wiederhergestellt.

Auch wenn es so aussehen kann: Die Lymphdrainage ist keine normale Massage, sondern eine physiotherapeutische Methode, die auch nur von entsprechend ausgebildeten Experten durchgeführt werden sollte.

Warum Lymphdrainage?

Die Basis der Lymphdrainage stellt die Lymphflüssigkeit dar, die Nährstoffe durch den Körper transportiert und gleichzeitig schädliche Elemente abtransportiert. Letztere werden an den Lymphknoten durch keimtötende Zellen herausgefiltert, die sich zum Beispiel an den Achseln, den Knien oder am Hals befinden. Findet dieser Prozess nur noch langsam oder zu wenig statt, kann eine Lymphdrainage Abhilfe schaffen. Um so zum Beispiel chronischen Erkältungen vorzubeugen, wird im Zuge der Lymphdrainage der Abfluss der Schadstoffe angeregt.

Wie funktioniert die Lymphdrainage?

Probleme mit dem Lymphenkreislauf äußern sich meist durch Schwellungen, zum Beispiel an den Armen oder Beinen. Im Gegensatz zur Massage, wo der Masseur fest und permanent auf einzelne Muskelpartien einwirkt, findet die Lymphdrainage durch sanfte, leichte Berührungen statt. Durch die sanften Berührungen sollen Stauungen im Gewebe gelöst werden, sodass die in den Stauungen befindlichen Substanzen wieder dem normalen Blutkreislauf zugeführt werden können.

Lymphdrainage Gesicht
© leezsnow - istockphotos.com

Die Lymphdrainage erfolgt je nach Körperregion unterschiedlich. In der Kopf-Hals-Region beginnt man am Hals und an den Schultern, arbeitet sich dann zum Rumpf vor und endet die Behandlung am Körper schließlich an den Extremitäten. Als nächstes erfolgt eine Lymphdrainage im Gesicht, in dem einzelne Partien wie Stirn, Nase, Kiefer und sogar die Augen einzeln behandelt werden. Die Lymphdrainage kann aber auch an den Extremitäten beginnen, wenn sich das Ödem dort befindet. Ist sie z. B. im Arm, fängt der Physiotherapeut an der Achsel an und arbeitet sich dann Stück für Stück bis zur Hand vor. Entsprechend beginnt die Lymphdrainage am Bein an den Leisten.

Manuelle Lymphdrainage nach Vodder

Die meisten Physiotherapeuten stützen sich bei der Anwendung der manuellen Lymphdrainage auf die Grundlagen von Dr. Emil Vodder, der die manuelle Lymphdrainage bereits 1935 entwickelte und in vier grundsätzliche Handgriffe unterteilte: Drehgriff, stehender Kreis, Schöpfgriff und Pumpgriff. Die insgesamt kreisförmig durchgeführten Handgriffe setzen gezielte Dehnreize, die wiederum eine Schubphase in die gewünschte Abflussrichtung einläuten.

Griffe bei der Lymphdrainage:

  • Drehgriff – mit dem Daumen auf der Lymphbahn in Abflussrichtung kreisen
  • Schöpfgriff – gleicher Griff, aber Drehung in entgegengesetzter Richtung
  • Hautfaltgriff – tiefe Pressung mit dem Daumen
  • Stehende Kreise – mit flacher Hand sanfte Kreisbewegungen in Abflussrichtung
  • Scheibenwischergriff – Hände flach auflegen und wie Scheibenwischer bewegen
  • Ultrafiltrat-Verdrängungsgriff – sanfter Druck in die Tiefe auf das Ödem - ca. 20 - 30 Sekunden lang

Die zwei Phasen der manuellen Lymphdrainage

Kompressionsbandage bei einer Lymphdrainage Therapie
© Philartphace - istockphotos.com

Viele Physiotherapeuten setzen bei der manuellen Lymphdrainage auf eine Entwicklung in zwei aufeinanderfolgenden Phasen: In Phase 1 findet die Entstauung durch regelmäßige manuelle Lymphdrainage statt, also durch Kompression und Bandagen. Phase 2 kann im Nachgang und bei Bedarf des Patienten aus zusätzlicher Kompression durch therapeutische Stützstrümpfe bestehen sowie aus gymnastischen Übungen, die die Entstauung zusätzlich vorantreiben. Gerade letzteres ist während der Kompressionsbehandlung besonders wichtig, denn erst die Bewegung führt dazu, dass Kompressionen der Lymphgefäße zwischen den Verbänden und den Muskeln stattfinden und der Abfluss der Lymphflüssigkeit angeregt wird.

Achten Sie während der Therapie darauf, dass Sie der Haut mit pH-neutralen Cremes und Lotions Feuchtigkeit zuführen, da die Bandagen der Haut Feuchtigkeit und Fett entziehen und so den hauteigenen Säureschutzmantel stören. Dadurch kann es im schlimmsten Fall zu Infektionen kommen. Vermeiden Sie auch Verletzungen, denn die gereizte Haut hat in dieser Zeit einen verlangsamten Selbstheilungsprozess.

Wer braucht eine Lymphdrainage?

Vornehmlich empfiehlt sich die Lymphdrainage bei Lymphödemen, bei denen sich die Flüssigkeiten in den Lymphbahnen stauen, da der Lymphtransport gestört ist. Diese Ödeme äußern sich in Schwellungen, die sich zum Beispiel auch über ein ganzes Bein erstrecken können. Auch die angeborene Venenschwäche Lipolymhödem, bei der sich vermehrt Fett in den Beinen einlagert, kann eine Indikation für die manuelle Lymphdrainage sein. Schwellungen in den Beinen und anderen Extremitäten treten während einer Schwangerschaft häufig auf und gehen meist nach der Geburt vollständig zurück. Dennoch kann bei stark ausgeprägten Schwangerschaftsödemen der Besuch bei einem Arzt oder Physiotherapeuten sinnvoll sein.

Lymphödeme sind Fehlanlagen im Gefäßsystem, die auch infolge eines Unfalls oder einer Operation (nicht selten zum Beispiel bei Brustkrebsoperationen) auftreten und mit Schmerzen verbunden sind. Eine manuelle Lymphdrainage schafft in solchen Fällen Abhilfe. Die Lymphdrainage ist aber zum Beispiel auch dann genau die richtige Behandlung für Sie, wenn Sie unter Zerrungen, Knochenbrüchen oder Ödemen leiden. Rheuma, Migräne oder Atemwegsbeschwerden mit übermäßiger Verschleimung können durch die sanften Berührungen ebenfalls gelindert werden.

Wann keine Lymphdrainage?

Auch wenn die Lymphdrainage im Prinzip wie eine professionelle Streicheleinheit anmutet, so hat sie – entgegen der Meinung einiger Experten – durchaus Wirkungen auf den Körper. Wirkungen, die bei manchen Menschen nicht greifen dürfen! So ist von einer Lymphdrainage abzuraten, wenn Sie Ekzeme haben, an Asthma leiden, sich in einem unklaren Tumorstatus befinden, eine Hyperthyreose im Hals besitzen oder von einer Herzinsuffizienz betroffen sind. Auch bei Krebs- oder Thromboseleiden ist die Lymphdrainage nicht die richtige Behandlung für Sie! Diese sogenannte Kontraindikation sollten Sie dringend im Vorfeld der manuellen Lymphdrainage mit Ihrem Physiotherapeuten besprechen, um Komplikationen zu vermeiden.

Wer darf eine Lymphdrainage durchführen?

Erörtern Sie diese Zusammenhänge dringend auch vor der Behandlung mit Ihrem Physiotherapeuten und legen Sie nicht selbst Hand an. Er wird um die Gefahr wissen, die bei gewissen Krankheitsgeschichten mit einer Lymphdrainage einhergehen können, sofern er die richtige Weiterbildung genossen hat. Grundsätzlich dürfen Physiotherapeuten und auch Masseure die Lymphdrainage durchführen, allerdings ist dafür eine Weiterbildung nötig. Nur so ist gewährleistet, dass eventuelle Gefahren ausgeschlossen und die richtigen Handgriffe erlernt werden.

Kombination mit anderen Therapien

Gut kombinierbar hingegen ist die manuelle Lymphdrainage häufig mit diversen anderen Methoden der Physiotherapie. So nennen Experten die manuelle Lymphdrainage häufig als Bestandteil eines größeren Ganzen, also als Ergänzung, bzw. Unterstützung anderer Therapieformen. Mehrere Therapien zusammen können gerade im Bereich der Physiotherapie auch für mehr Beschwerdelinderung sorgen. So wird die manuelle Lymphdrainage zum Beispiel häufig mit der Krankengymnastik oder der Kompressionstherapie kombiniert. Letztere kann helfen, die Erfolge durch die Lymphdrainage auch permanent aufrechtzuerhalten.

Vorsicht

Bei dieser Manipulation am Körper gilt: Vorsicht. Unsachgemäße Anwendung kann bleibende Schäden verursachen. Dieser Beitrag dient dazu, Ihnen die Behandlungsmöglichkeit vorzustellen. Sie sollte ausschließlich von einem qualifizierten Physiotherapeuten durchgeführt werden. Versuchen Sie auf keinen Fall, die hier beschriebene Methode ohne die Supervision oder ausdrückliche fachliche Aufforderung eines Physiotherapeuten auszuführen.



Das könnte Sie auch interessieren:

Faszienbehandlung: Die Massage für ein gesünderes Bindegewebe

Faszien vernetzen im Prinzip den ganzen Körper. Kommt es hier durch direkte oder indirekte Einflüsse zu Problemen, haben diese das Potenzial zu körperweiten Beschwerden zu führen. Denn Faszien befinden sich sowohl unter der Haut, an Knochen, Muskeln, Adern und Nerven sowie auch direkt um Organe herum. Welche Symptome auf Probleme mit den Faszien hindeuten und wie Physiotherapeuten bei der Faszienbehandlung vorgehen, lesen Sie hier.

Manuelle Therapie – Den Körper sanft mobilisieren

Bei der manuellen Therapie setzt der Physiotherapeut aktive und passive Techniken ein, um blockierte oder eingeschränkte Gelenke zu remobilisieren. Das müssen Sie zu Manualtherapie und ihrer Wirkung auf die Gelenkmechanik, Muskelfunktionen und Bewegungskoordination wissen.

Massagetherapie – Heilende Hände im Einsatz

Die entspannende Wirkung einer Massage haben wohl schon die meisten Menschen genossen. Bei der therapeutischen Wirkung sieht dies vermutlich anders aus. Die Massagetherapie beim Physiotherapeuten unterscheidet sich in den Kernpunkten auch von einer entspannten Massage in den eigenen vier Wänden. Wo genau, wie die Massagetherapie wirkt und wann Sie eingesetzt wird, erfahren Sie hier.